Der Rohrleerling
Hat der alte Klempnermeister
Sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollte seine Leistung
Auch für meine Wünsche leben.
Seine Kraft und Werke
Braucht der volle Bauch
Und mit Geduld und Stärke
Mach ich manches auch.
Drücke! drücke
Manche Stelle,
Dass, mit Welle,
Wasser fließe
Und sich manches gute Stücke
In das Rohr hinein ergieße.
Und nun leer’, du alter Klempner
Die verstopften Rohreshüllen!
Bist schon lange weggewesen;
Nun erfülle meinen Willen!
Auf, nun komm’ und stehe
Mit dem Gummipfropf,
Eile nun und gehe
Zu dem Wassertopf!
Drücke! drücke
Manche Stelle,
Dass, mit Welle,
Wasser fließe
Und sich manches gute Stücke
In das Rohr hinein ergieße.
O du Ausgeburt des Lokus’,
Du sollst drücken und nicht stampfen!
Sieh’, schon überquillt der Abfluss
Und das Rohr fängt an zu dampfen!
Du verruchter Klempner,
Machst nicht, was ich will!
Wirst ja noch behänder,
Stehst du endlich still?!
Wehe! Wehe!
Rohresteile
Fliegen steile
Schon als Stücke
Völlig lose in die Höhe!
Helft mir, ach, welch’ große Lücke!
Wasser läuft, und nass und nässer
Wird’s im Gang und auf den Stufen;
Welch‘ entsetzliches Gewässer!
Himmel, hört mich niemand rufen?!
Solch’ ein Glück: das Fenster.
Oh, die Not ist groß!
Die wässrigen Gespenster
werd’ ich endlich los.
Auf den Hof
Und die Terrassen
Stürzen nasse Wassermassen.
Gefahr gebannt! Doch kann mich nicht begeistern
Und traue niemals mehr
Den so genannten Klempnermeistern.
2000
Der Leiter einer Schule
Es saß auf einem Stuhle
( verwirrt er nichts versteht )
der Leiter einer Schule
vor dem Reformpaket.
Es ging ihm nichts darunter,
er wusst’ nicht ein noch aus.
Die Kollegen war’n noch munter,
er schwieg sich sinnend aus.
Und als sie kam zu leben,
die Norm in ihrem Reich,
gönnt’ er sie den Kollegen,
den Schülern auch zugleich.
Er stand im Klassenzimmer,
die Schüler um ihn her.
Die Nachricht glückt’ ihm nimmer,
sie lastete zu schwer.
Dann starb dem alten Lehrer
die letzte Lebensglut;
das Herz wurde ihm schwerer,
schwand ihm aller Mut.
mit dem Reformenheer.
Die Kraft, die tat ihm sinken,
sprach nie ein Wörtchen mehr.
2006
Der Geist im Schulhaus
Wer streift so spät durch der Schule Gewind’?
Es ist der Lehrer mit einem Kind;
Er fasst den Kanben hart an dem Arm,
er führt ihn sicher, ohne Erbarm'n.
„Hans-Jörg, was birgst du so bang dein Gesicht?“
„Sehen Sie, Herr Lehrer, den Hausgeist denn nicht?
Den Folterknecht mit Kette und Keil...“
„Hans-Jörg, mich sorgt dein Seelenheil!“
„Du liebes Kind, komm her zu mir!
Gar schaurige Dinge mach ich mit dir.
Mein Name ist Bernhard von Brabant,
manch unstete Zeiten sah mein Gewand.“
„Herr Lehrer, Herr Lehrer, hören Sie denn nicht,
was Bernhards Geist da zu mir spricht?“
„Sei ruhig, bleibe ruhig Hans-Jörg!
Die Luft man manchmal raunen hört.“
„Willst, netter Junge, du mit mir gehen?
Deine Seele soll mich beglücken schön,
deine Seele wird mir bald verzeih’n,
denn ich führe und reihe und weihe dich ein.“
„Herr Lehrer, Herr Lehrer, und sehen Sie nicht dort
Bernhards Verlockung zum düsteren Ort?“
„Hans-Jörg, Hans-Jörg, ich seh’ es genau:
Es scheinen die dunklen Ecken so grau.“
„Ich will dich, du reizt mich zur Gewalt.
Und willst du nicht, wird Gewalt zur Gestalt.“
„Herr Lehrer, Herr Lehrer, jetzt weht er heran,
der Geist, er haucht und fasst mich an.“
Dem Lehrer reicht’s, er zieht geschwind
durch das Gewind’ auf den Hof das Kind;
er erreicht den Hof mit Mühe und Not.
War Bernhard, der Geist, nun wirklich tot?!
2006
Weidenrösslein
Sah ein Heid’ ein Rösslein stehn,
Rösslein auf den Weiden,
war so stramm und stählern schön,
lief er schnell, es nah zu sehn,
sah’s mit großen Freuden.
Rösslein, Rösslein, Rösslein dort,
Rösslein auf den Weiden.
Heide sprach: Ich zähme dich,
Rösslein auf den Weiden!
Rösslein sprach: Ich werfe dich
auf die weiten Weiden.
Ich kann dich nicht leiden.
Rösslein, Rösslein, Rösslein dort,
Rösslein auf den Weiden.
Und das wilde Rösslein warf
den Heiden auf die Weide,
Heide wehrte sich, doch brach
der Arm, der Rumpf; mit großem Krach
musst’ er viel erleiden.
Rösslein, Rösslein, Rösslein dort,
Rösslein auf dem Heiden.
2006